Start Allgemein Whitechapel – The Valley – CD-Review

Whitechapel – The Valley – CD-Review

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Die knallharten US-Boys von „Whitechapel“ haben ein neues Album auf den Markt geschmissen, dass durchaus überzeugt. Nichts, was die Hausfrau beim Putzen und Bügeln nebenbei abspielt, eher etwas zum genauen Hinhören. Düstere und melancholische Texte, in denen Sänger „Phil Bozemann“ seine Kindheit verarbeitet, musikalisch eine Mischung aus brutalem Deathcore mit Klargesang. Das Album „The Valley“ ist am 29.März via Metal Blade Records erschienen.

„The Valley“ ist Hardin Valley in Tennessee, tiefste Südstaaten. Die Menschen dort sind konservativ und bibeltreu, wer hier aufwächst muss sich anpassen oder flüchtet irgendwann. Sänger Phil Bozemann ist dort geboren und setzt sich auf diesem Album mit seiner Kindheit auseinander, die nicht gerade behütet und sonnig war. Wenn man den Song „Bring Me Home“ vom Vorgängeralbum „Mark Of The Blade“ kennt und vor allem dieses unglaublich aufwühlende YouTube Video von dem Song sieht, in dem sich Phil mit dem Tod seines Vaters auseinandersetzt (Phil war damals 10 Jahre alt), kennt man einen Teil der Geschichte. Auf dem neuen Album „The Valley“ ist jetzt die Mutter dran, die drogenabhängig war und an Schizophrenie litt, wie Phil selbst sagt und die starb, als Phil 15 Jahre alt war. „Sämtliche Lyrics drehen sich um mich als Kind, wobei ich mit meinem heutigen Wissen auf damals zurückblicke. Zudem erörtere ich das Leiden und die gespaltene Persönlichkeit meiner Mutter. Sie führte ein Tagebuch, in dem verstörendes, teils bösartiges Zeug steht, und ich habe nicht nur daraus zitiert, sondern generell stark Bezug darauf genommen.“ Phil Bozemann scheint den kreativen Prozess des Songwritings und Actings als Therapie zu nutzen und nimmt dabei den Hörer mit auf diese unglaublich krasse Reise.

Gleich der Opener „When A Demon Defiles A Witch“ ist ein absolut starker Song mit einem bedrückenden Text. Der beste Song des Albums trotz oder gerade wegen der ungewöhnlich sanften Töne mit einem schönen Cleargesangpart. Absolut beeindruckend und ein Stil, den die Band unbedingt beibehalten sollte! Doch mit „Forgiveness Is Weakness“ ist der sanfte Moment schnell wieder vorbei, hier wird gewohnt hart geknüppelt. Auch „Brimstone“ fällt in die Kategorie Deathcore mit tiefen Growls, harten Riffs und „voll-in-die-Fresse“. So kennt man Whitechapel. Aber da ist eben auch die andere, die neue Seite. Die Band hat mit „The Valley“ eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt. Was sich bereits mit dem Opener abzeichnete, nämlich partieller Klargesang und softere Töne, findet mit „Hickory Creek“ eine Fortsetzung. Der Anfang könnte so auch aus der Feder von „Parkway Drive“ stammen, ruhige Gitarren, spannungsvoller Aufbau. Aber dann statt kraftvoller Growls ein stimmlich überzeugender Gesang, ja sogar Harmoniegesang. Eine ruhige Nummer, eigentlich schon eine Ballade, die zu überzeugen weiß.

Von den reinen Deathcore-Songs sticht „We Are One“ heraus, der durchaus harmonisch ist. Auch „The Other Side“ fällt in diese Kategorie. Bei „Third Depth“ dann wieder Klargesang gleich zu Beginn, der von düsteren Growls unterbrochen wird. Mit „Lovelace“ richtet Phil sich dann an seine verstorbenen Eltern. „Father can you hear me? I`m trapped inside a nightmare, wake me up or put me in the ground. Mother, can you see me, I need you to be there“ – traurig, krass, düster.

Mit „Doom Woods“ findet das Album dann einen relativ ruhigen Abschluss. „I‘ve seen hell through a child‘s eyes“, ja das ist wohl wahr. Der Song endet sehr ruhig, fast schon heiter und hinterlässt trotzdem ein beklemmendes Gefühl, man möchte sich schütteln und diesen Alptraum loswerden. Ein beeindruckendes Werk.

Fazit: Whitechapel zeigt mit „The Valley“ eine unglaubliche Entwicklung und nimmt den Hörer mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Ruhige,harmonische Songs mit Klargesang im Wechsel mit gewohntem Deathcore – kraftvoll und düster. Aber selbst Songs wie „We Are One“ oder „The Other Side“ gehören zwar in die Kategorie Deathcore, sind aber harmonisch und liefern nicht so ein brachiales Geknüppel wie auf den Vorgängeralben. Eine mutige Entscheidung von der Band, Songs wie „When A Demon Defiles A Witch“ oder „Hickory Creek“ aufzunehmen, beide überzeugen und gehören mit zu den stärksten Werken des Albums. Absolut gelungen auch „Doom Woods“ – was für ein Ende!

Großes Leiden bringt mitunter große Kunst hervor. Das trifft hier zu. Die Verarbeitung seiner Biografie, die Umsetzung der psychischen Qual in Lyrics und Melodie lässt den Hörer (na gut, also in diesem Fall mich) erschüttert zurück und sorgt für Beklemmung und Nachdenklichkeit. Whitechapel und insbesondere Phil Bozemann bekommen von mir allergrößten Respekt für den mutigen Umgang mit Gefühlen wie Trauer und Wut. Zur Sicherheit würde ich Herrn Bozemann trotzdem noch empfehlen, einen guten Therapeuten aufzusuchen.

Wertung: 9/10 Punkten

Tracklist:

01. When A Demon Defiles A Witch
02. Forgiveness Is Weakness
03. Brimstome
04. Hickory Creek
05. Black Bear
06. We Are One
07. The Other Side
08. Third Depth
09. Lovelace
10. Doom Woods

Whitechapel
The Valley
Genre: Deathcore
VÖ: 29.03.2019
Label: Metal Blade Records

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